Große Wasserwäsche: Noch mehr Volumen geplant

|   KBR-Aktuelles

Rödermärker Kläranlage soll ausgebaut werden – Erweiterung der Bio-Stufe schafft Kapazität für 49.000 Einwohnerwerte

Welche kommunale Service-Leistung ist von größter Bedeutung, unverzichtbar, lebensnotwendig? Den allermeisten Befragten kommen wohl spontan Stichworte wie Feuerwehr, Müllabfuhr, Kinderbetreuung und Seniorenarbeit in den Sinn. Alles richtig, alles wichtig. Die Kläranlagen fristen beim Thema „elementare Infrastruktur“ jedoch ein Schattendasein und geraten leicht in Vergessenheit. Oder sie werden als leicht „anrüchige Angelegenheit“ gar bewusst ausgeblendet.

Welch ein Fehler, welch eine Ignoranz. Man stelle sich nur einmal vor, eine Kommune müsste urplötzlich auf den aufwendigen Abwasser-Reinigungskreislauf verzichten, wäre davon abgeschnitten. Die Folgen für Mensch und Umwelt wären katastrophal. Doch glücklicherweise laufen die Kläranlagen deutschlandweit mit immer ausgereifterer Technik und strengen Grenzwert-Vorgaben in aller Regel störungsfrei. Wie zuverlässige Arbeitsbienen, die das Schmutzwasser unermüdlich säubern und den Bächen und Flüssen klares Nass in guter Qualität zuführen: So ist die Kombination aus mechanischen, biologischen und chemischen Reinigungsstufen permanent in Bewegung.

Natürlich gilt dies auch für Rödermark, wo die Kläranlage, im freien Feld östlich der Ober-Röder Randbebauung gelegen, ihren Dienst an der Rodau und mit der Rodau verrichtet. Große Veränderungen kündigen sich an auf dem Areal, das vor rund 50 Jahren in Betrieb genommen wurde. Die derzeitige Kapazität, ausgelegt für maximal 38.000 Einwohnerwerte (Bevölkerungszahl plus Industrie/Gewerbe), soll auf einen neuen Grenzwert von 49.000 angehoben werden.

Martin Schallmayer, der bei den Kommunalen Betrieben (KBR) das Geschäftsfeld Abwasser leitet, skizziert das angedachte Vorhaben: „Es geht primär darum, die Bio-Reinigungsstufe zu erweitern. Umfangreiche Arbeiten sind erforderlich. Derzeit werden die Fördermittel-Optionen ausgelotet. Anschließend geht es an die konkrete Planung.“

Schallmayer beziffert das Investitionsvolumen auf rund 13 Millionen Euro. Sein Hinweis: „Wohlgemerkt, das ist der derzeitige Stand, basierend auf einer aktuellen, groben Kalkulation. Aber wir wissen ja alle, dass die Preise im Baubereich gerade ziemlich galoppieren.“ Soll heißen: Ein gewaltiges Finanzpaket wird zu schultern sein. Doch die Maßnahme ist zwingend erforderlich, um Rödermark unter dem Aspekt der Abwasser-Reinigung für weiteren, moderaten Einwohnerzuwachs und zusätzliche Gewerbe-Ansiedlungen fit zu machen.

„Es wird eine Herausforderung, den Umbau bei laufendem Betrieb auszuführen“, unterstreicht Schallmayer. Und Jürgen Ulmer, der seit 12 Jahren als Leiter der Kläranlage den Betrieb mit einem achtköpfigen Team überwacht und in Schwung hält, nickt bestätigend.

Wer mit Ulmer über das weitläufige Gelände von Becken zu Becken pilgert, spürt schnell, dass hier ein Fachmann am Werk ist. Einer, der nicht nur sämtliche Stufen der großen Wasserwäsche mit einer täglichen Durchflussmenge von 10.000 Kubikmetern aus dem Effeff kennt und anschaulich zu erklären weiß. Was ihm sichtlich gefällt, ist die Kombination verschiedener Fähigkeiten, die ihm sein Beruf abverlangt.

Handwerkliches Geschick, Verständnis für elektronische Steuerungsprozesse, Wissen um biologische und chemische Zusammenhänge… All diese Dinge sind gefragt. Beispielsweise dann, wenn Wasserproben im Labor analysiert werden. Ulmer und seine Kollegen kontrollieren, ob Mikroorganismen ganze Zersetzungsarbeit geleistet haben. Glockentierchen, Weidegänger, freischwimmende Wimperntierchen und andere Winzlinge sind im Einsatz und sorgen letztendlich dafür, dass die vom Regierungspräsidium vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden: Maximal-Konzentrationen, etwa im Hinblick auf Phosphor, Ammonium oder Stickstoff, die beim Einleiten des gereinigten Wassers in die Rodau von entscheidender Bedeutung sind.

„Meine Kollegen und ich widmen uns einer sehr sinnvollen Tätigkeit. Sie dient dem Naturschutz. Dabei gibt es fortlaufend Veränderungen und Optimierungen. Das macht das Arbeitsspektrum aus meiner Sicht so interessant“, erläutert Ulmer. In der Tat: Es ist faszinierend, wie sich auf einer Vielzahl von Monitoren in der Schalt- und Steuerungszentrale ein weitverzweigter Kosmos auftut und wie die Rädchen in eben dieser flüssigen Welt ineinandergreifen. Am Ende der langen Kette wird dem Klärschlamm im Faulturm wertvolles Gas abgerungen. Das wiederum dient zur Erzeugung von Strom und Wärme in einem Blockheizkraftwerk.

Und was passiert mit der schwarz-braunen Masse, die Ulmer „wie ein Häufchen Blumenerde“ als finalen Reststoff präsentiert? Sie wird in eine Verbrennungsanlage transportiert und „thermisch verwertet“. Fazit: Verblüffend, wie sich die Ausscheidungen einer kompletten Stadt filtern und verdichten lassen. Bleibt nur noch eine Schlussfrage: Wie ist das denn nun im Berufsalltag mit der eingangs erwähnten „anrüchigen Angelegenheit“? Kein Problem für die Nase? Nein, wahrlich nicht, bekräftigt Ulmer.

Erdig-herber Duft an der einen oder anderen Stelle: Das sei in der Natur eine ganz normale Sache. Allenfalls „Leute von außen“, die aus einer gewissen Geruchs-Komfortzone kämen, verspürten bei einem Abstecher zur Kläranlage vielleicht Störfaktoren. Jürgen Ulmer lächelt milde, vielsagend, ein bisschen verschmitzt… Er und die große Wasserwäsche – das passt offenkundig sehr gut zusammen.

Foto 1: Martin Schallmayer (links) und Jürgen Ulmer beim Rundgang über das Kläranlagen-Gelände.

Andere Fotos: Wasserproben analysieren, das Endprodukt der Reinigungskette (ausgefaulten Klärschlamm) auffangen, imposante Rohrleitungen instand halten – das Arbeitsspektrum ist vielfältig.

Zurück
Back to Top